Aus unserer Kirchenchronik…

Vielfach wurde im Frühjahr 2025 mit Feiern und Veranstaltungen an das Ende des 2. Weltkrieges erinnert. Für viele von uns sind der 2. Weltkrieg und das Kriegsende in Geschichtsbüchern niedergeschrieben und persönliche Erlebnisse nur aus Erzählungen bekannt. Nur noch wenige Zeitzeugen können uns berichten, wie sie damals das Kriegsende vor 80 Jahren erlebten.
Viele schriftliche Dokumente aus dieser Zeit wurden vernichtet und liegen heute, wenn überhaupt, nur noch bruchstückhaft vor. Die Kirchenchronik ist eines der wenigen erhaltenen Dokumente. Die nachfolgenden Auszüge, welche vom damaligen Pfarrer Alois Paster verfasst wurden, geben einen ergreifenden Einblick in die Geschehnisse im Mai 1945.
Um einen totalen Verlust an Kirchenwäsche, Messkleider, kirchl. Geräte vorzubeugen, habe ich am 10. Jänner 1945 folgende kirchliche Sachen verteilt […].
Vom Chronisten wurden elf Familien der Pfarre angeführt, bei welchen die wertvollen Gegenstände, wie Messkleider, Kelche, die Monstranz und Altartücher, versteckt wurden.
Tagtäglich wurde in der Pfarrkirche der Rosenkranz gebetet um Schutz und Hilfe für unser Pfarrgebiet. Altenberg hat nicht umsonst gebetet. Seit Herbst 44 ist keine Bombe gefallen, obschon die Gefahr immer größer wurde.
Was lange erhofft wurde, kam doch schließlich unverhofft. In den letzten Tagen wurde immer mehr Militär sichtbar, überall wurden Schützenlöcher gegraben, dort und da gabs Einquartierungen, dort und da lagen in Kellern und Kisten Panzerfäuste, dort und da Panzersperren. Alles sagte, es sei dies Unsinn, durch Altenberg geht keine Hauptstraße, wenn schon viele kommen, dann 10 Panzer.
Donnerstag abends [3. Mai 1945] hörte man aus Richtung Hellmonsödt fortwährend Schüsse und das Rollen der Panzer. Da am 1. Sonntag im Mai [6. Mai 1945] die Erstkommunion angesetzt war, ging der Schreiber in den letzten Tagen noch zu den Kindern. An diesem Donnerstag war es nimmer gemütlich Brandgeruch und Explosionen und Ungewissheit lag in der Luft. Abends wurde es ruhig.
Am Freitag, 4. Mai 1945, wurde ein Gottesdienst in der Kirche gefeiert, der laut Chronik gut besucht war. Zur Mittagszeit wurde der Ort dann von heranrollenden Panzern der Alliierten eingenommen.
Ich lauf auf den Turm und da seh ich die Panzer oberhalb von Donach anrollen. Der 1. fährt herunter beim Huemer, da wird vom Purner oder Willersdorf mittels M.G. ein paar Schuß abgegeben. Sofort steht alles, alles wendet, fährt zurück bis zur Höhe und dann in die Felder, links und rechts, bis herunter zum Schichohäusl und richten die Rohre nach Altenberg. Wie nachher die Amerikaner sagten warteten sie auf die weiße Fahne. Die kam nicht. Ich verließ das Fenster und im Heruntersteigen krachten die Schüsse. Jetzt wird Altenberg bald ein Trümmerhaufen sein. Am liebsten hätte ich geweint, nicht aus Furcht, sondern aus Zorn und Mitleid. Wir gingen in den Hauskeller. Auf einmal war die Schießerei zu Ende. Ich komme als erster heraus und denke, jetzt brennt halt der Ort. Gott sei Dank sehe ich nichts. Ich schrei: Tut die weißen Fahnen beim Fenster hinaus. Überall kommen sie schon damit. Beim Lazelsberger, Schmied. Ich gehe auf den Platz hinauf, Soldaten werfen ihre Gewehre auf einen Haufen, und staune, den Oberlehrer [Karl Peduzzi] mit einer weißen Fahne bei der Schule stehen zu sehen. Das Geräusch der heranrollenden Panzer kommt immer näher, der erste biegt beim Schmied um die Ecke, die Soldaten treten einen Schritt vor mit erhobenen Händen. Altenberg hat kapituliert.
Die Freude bei uns war groß, der Krieg ist aus und so ist es geworden wie wir es uns längst gewünscht haben, nicht die Russen, nein die Amerikaner.
Doch schon bald war die erste Freude vorbei. Binnen kürzester Zeit mussten alle Bewohner des Ortes ihre Häuser räumen und den amerikanischen Soldaten zur Verfügung stellen. Nur zum Füttern des Viehs durften sie zurückkehren. Nur der Messner war im Ort. Alle anderen hatten außerhalb von Altenberg eine Unterkunft gefunden.
Nachmittags [am 4.Mai 1945] wurde es mir im Ort ungemütlich. Über Altenberg pfiffen die Geschosse von Oberbairing her, von Treffling herauf, die Amerikaner krachten zurück. Überall wo sie Soldaten sahen, schossen sie mit den Panzern danach. Um 3 Uhr ca. wurde Gallneukirchen unter Beschuss genommen. Schuss auf Schuss wurde abgegeben. Die Beschießung Altenbergs brachte keinen größeren Schaden.
Der Krieg war vorbei, es folgten jedoch noch Wochen und Monate, die von Entbehrungen, Gewalt und Plünderungen, Besatzung und nach wie vor großen Ängsten geprägt waren.
Die Aufzeichnungen aus unserer Kirchenchronik zeigen, dass der Wahnsinn des Zweiten Weltkrieges nicht nur Millionen von Toten auf den Schlachtfeldern und in den Konzentrations- und Vernichtungslagern gefordert hat, sondern, dass auch die Zivilbevölkerung weitab vom Frontverlauf - so wie in Altenberg - Entbehrungen und großes Leid auf sich nehmen musste.
Die Ereignisse von damals gilt es als Erinnerung hochzuhalten. Aber nicht nur als Rückblick auf die Vergangenheit, sondern auch als Verantwortung für unsere Zukunft.
Katharina Hofer